Die Deutsche Saatveredelung AG (DSV) zählt zu den führenden mittelständi schen Pfl anzenzucht- und Saatgutunternehmen Deutschlands. Sie ist spezialisiert auf die Züchtung, Produktion und den Vertrieb von Futter- und Rasengräsern, Ölfrüchten, Kleearten, verschiedenen Zwischen- früchten, Getreide, Mais und Sorghum.

1.1 Lupinenarten Bereits 2000 v. Chr. war die Lupine in Ägypten ein ebenso wichtiges Lebensmittel wie Getreide. In den Mittelmeerländern wird sie in 3000 Jahre alten Schriften erwähnt. Dass die Lupinen jedoch Alkaloide, also bittere und schlecht verdauliche Inhaltsstoffe enthalten, wussten unsere Vorfahren schon. Sie wuschen die Samen deshalb in Meer- wasser, damit sie bekömmlich wurden. Heute ist diese aufwendige Prozedur nicht mehr nötig. Durch züchterische Arbeit ist es gelungen, bitterstoffarme Sorten heran- zuziehen, die als Süßlupinen bezeichnet werden. Der Oberbegriff „Lupine“ umfasst verschiedene Pflanzenarten. Für die landwirtschaft- liche Nutzung in Mitteleuropa werden drei Lupinenarten angebaut: die Gelbe Lupine (Lupinus luteus), die Weiße Lupine (Lupinus albus) und die als Blaue Lupine bekannte Schmalblättrige Lupine (Lupinus angustifolius). Der Begriff „Blaue Lupine“ stammt aus einer Zeit, in der es nur blaublühende Formen der Schmalblättrigen Lupine gab, mittlerweile ist das Farbenspektrum jedoch weitaus größer. Die Weiße Lupine wird auch als Breitblättrige Lupine bezeichnet, da sie im Vergleich zu den weiteren Lupinen- arten die breitesten Blätter besitzt. Bisher dominierten im Anbau fast ausschließlich die Schmalblättrigen Lupinen, da Gelbe und Weiße Süßlupinen zu anfällig gegenüber der Brennfleckenkrankheit Anthraknose waren. Diese drei Arten unterscheiden sich grundsätzlich hinsichtlich ihrer Ansprüche an Boden und Klima, in der Anbautechnik und in der Qualität des Erntegutes. In ihren Ansprüchen ist die Gelbe Lupine dem Roggen, die Blaue Lupine der Gerste und die Weiße Lupine dem Weizen sehr ähnlich. Die Lupine gehört botanisch gesehen zu den Leguminosen, also den Hülsenfrüchten. Durch die Symbiose mit Knöllchenbakterien können Leguminosen Luftstickstoff binden und diesen als Hauptnährstoff im Anbausystem zur Verfügung stellen. 4 | DSV Weiße Lupine Lupinenarten

1.2 Lupinenzüchtung In den 1990er Jahren kam der Anbau der Weißen Lupine durch das massive Auftreten der sehr ertragswirksamen Pilzkrankheit Anthraknose zum Erliegen. Im Jahr 2001 begannen die Landwirtschaftlichen Lehranstalten (LLA) Triesdorf/Mittelfranken mit ersten Züchtungsarbeiten. Ziel des Zuchtprogramms war es, Sorten zu entwickeln, die durch eine gute Toleranz gegen Anthraknose, und damit eine deutlich verbesserte Ertragssicherheit, den Anbau der Weißen Lupine wieder möglich machen sollten. Im ersten Schritt wurde Genbankmaterial aus verschiedenen Erdteilen auf Anthraknose- toleranz abgeprüft. Durch gezielte Kreuzungsarbeiten mit geeigneten Stämmen wurde ein stetig wachsender eigener Genpool mit tolerantem Zuchtmaterial entwickelt. Diese Arbeiten mündeten im Jahr 2012 in ein Forschungsprojekt, in dem erstmalig die selek- tierten Zuchtstämme mit Anthraknosetoleranz breit abgeprüft wurden. Im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten der Projektpartner Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), LLA Triesdorf und der Deutschen Saatveredelung AG (DSV) stand hierbei die Anmeldung von Sortenkandidaten für die Wertprüfung des Bundes- sortenamtes. Insgesamt wurden 20 in Triesdorf selektierte Linien der Weißen Lupine an sechs Standorten in drei Jahren auf Resistenz, Kornertrag und weitere agronomische Parameter geprüft. Im Mittel aller Standorte, unter den verschiedenen Umweltbedingun- gen, erbrachten die Zuchtlinien um 40 bis 60 % höhere Kornerträge als die zugelassenen, gegenüber Anthraknose anfälligen Vergleichssorten. Sowohl auf konventionellen als auch auf ökologisch bewirtschafteten Versuchsflächen konnte die verbesserte Gesund- heit belegt werden. 2019 wurden FRIEDA und CELINA als erste anthraknosetolerante Sorten der Weißen Lupine durch das Bundessortenamt zugelassen. Die Züchtung der Weißen Lupine zielt an erster Stelle auf eine stetige Verbesserung der Anthraknosetoleranz ab. Anthraknosetoleranz bedeutet, dass ein Befall möglich ist, aber in deutlich geringerem Ausmaß als bei anfälligen Sorten. Die Krankheit breitet sich stark verlangsamt im Bestand aus, damit ist eine deutlich verbesserte Ertragsstabilität gegeben. Daneben hat auch die Steigerung des Ertragspotenzials und die weitere Absenkung der Alkaloidgehalte eine hohe Priorität. Angestrebt wird außerdem eine Reifeverfrühung, um eine Ernte im August bis Mitte September zu ermöglichen. Dies ist bei FRIEDA und CELINA gelungen, sie zählen zu den frühesten Sorten im Sortiment (siehe auch S. 43). 6 | DSV Weiße Lupine Lupinenzüchtung

1.3 Bodenfruchtbarkeit Gute Bodenfruchtbarkeit ist die Grundlage einer nachhaltigen Landwirtschaft. Im ökologischen Landbau ist der Anbau von Leguminosen für die Bodenfruchtbarkeit bekanntlich unverzichtbar. Lupinen zählen zu den Stickstoffsammlern und tragen durch ihr kräftiges, weit verzweigtes Wurzelsystem zur Strukturverbesserung des Bodens bei. Des Weiteren sind sie in der Lage, schwerverfügbaren Phosphor aufzuschließen und somit verfügbar zu machen. Wurzelsystem Lupinen bilden eine Pfahlwurzel, die bis zu zwei Meter tief in den Boden dringen kann. Durch ihr starkes, verzweigtes Wurzelsystem brechen sie Bodenverdichtungen auf und tragen entscheidend zur Strukturverbesserung des Bodens bei. In den Wurzelkanälen erfolgt ein Luftaustausch in tiefere Boden- schichten und Wasser kann infiltrieren. Mit Wasser gefüllte Wurzelkanäle tragen im Winter zur Frostsprengung bei und dienen der Bodenlockerung. Außerdem erfolgt eine gute Nährstoffaufnahme aus tieferen Bodenschichten und eine Erhöhung der Wasseraufnahme- und Wasserspeicherkapazität. So können die Pflanzen die in den Unterboden verlagerten Nährstoffe aufnehmen, bevor diese ausgewaschen werden. Als Leguminose bindet die Weiße Lupine mit ihren Knöllchenbakterien (Bradyrhizobium lupini) symbiotisch Luftstickstoff. Die Knöllchen- bakterien werden auch Rhizobien genannt. Gleichzeitig wird der Luftstickstoff für die nachfolgenden Früchte gebunden. Aufgrund dieses enormen Vorfruchtwertes kann bei entsprechender Fruchtfolge die Stickstoff- gabe für die Nachfrucht verringert werden. 8 | DSV Weiße Lupine Bodenfruchtbarkeit

1.4 Vergleich mit anderen Körnerleguminosen Heimische Körnerleguminosen sind interessant für den Anbau und können Importsoja als Proteinquelle ersetzen. Wie sind die einzelnen Arten ertraglich zu beurteilen und was sind die Vorteile der Weißen Lupine im Vergleich zu Soja, Futtererbse, Ackerbohne und Blauer Lupine? Ein sehr guter Vergleich der Körnerleguminosen ist über die mehrjährigen Daten der Wertprüfung des Bundessortenamtes möglich. Hier wurden in den Jahren 2017 und 2018 die Arten Futtererbse, Ackerbohne sowie die Blauen und Weißen Lupinen an neun Standorten in Deutschland parallel geprüft. Weiße Lupine liefert die höchsten Rohproteinerträge d n u a h / t d g a r t r E % i t l a h e g n e t o r p h o R 70 50 30 20 10 Weiße Lupine Erbse Ackerbohne Blaue Lupine 16 12 8 4 0 a h / t d i g a r t r e n e t o r p h o R Rohproteinertrag dt/ha, n=8 Ertrag dt/ha, n=9 Quelle: BSA, WP-Jahresberichte 2017 und 2018, orthogonal geprüfte Orte; Weiße Lupinen: Mittel FRIEDA und CELINA Rohproteingehalt % (86 % TS), n=8 Mit 47,3 dt/ha im Mittel über beide Prüfjahre (Sorten FRIEDA u. CELINA) erreichte die Weiße Lupine ein gutes Ertragsniveau. Sie lag damit etwa auf dem Niveau der Acker- bohne und deutlich über dem Ertrag der Blauen Lupine. Mit 60 dt/ha erreichte nur die Erbse einen höheren Kornertrag. Verglichen mit dem Erbsenertrag, der häufig in der Praxis erzielt wird, ist der Ertrag in der Wertprüfung allerdings deutlich höher. Vermutlich liegt dies an der weiteren Fruchtfolgestellung der Futtererbse in den Versuchsstationen im Vergleich zur Praxis, denn Futtererbsen reagieren auf eine enge Fruchtfolgestellung deutlich sensitiver als die anderen Arten. Interessant ist der sehr hohe Proteingehalt der Weißen Lupine. Mit rund 32 % bei einem Trockensubstanzgehalt von 86 %, liegt er deutlich höher als bei Ackerbohne und Futter- erbse und 4 % über der Blauen Lupine. Dies ist der Grund, warum die Weiße Lupine mit 14,6 dt/ha den mit Abstand höchsten Eiweißertrag erzielte. 10 | DSV Weiße Lupine Artenvergleich

Trockentoleranter als Ackerbohne, bessere Beerntbarkeit als Erbse In den Trockenjahren 2018 und 2019 zeigte die Weiße Lupine auf den eher kontinentalen Standorten eine bessere Ertragsstabilität bei höherem Proteingehalt, als Ackerbohne und Erbse. Die Weiße Lupine reagiert weniger empfindlich auf Bodenverdichtungen und Fuß- krankheiten als die Erbse. Ein wichtiger Punkt ist auch, dass Lupinen bisher deutlich weniger von Läusen befallen werden als Ackerbohnen und Erbsen. Weit verbreitete Blattlaus arten, wie die Schwarze Bohnenlaus oder die Grüne Erbsenlaus, befallen Lupinen nicht. Nanoviren sind bislang noch nicht in Lupinen nachgewiesen worden. Auch eine künstliche Infektion mit unterschiedlichen Blattlausarten im Labor gelang nicht. Beim Auftreten von Lager ist die Weiße Lupine, insbesondere im Vergleich zur Erbse, noch gut zu beernten und generell sind die Kornverluste eher niedriger als bei Erbse und Acker bohne. 12 | DSV Weiße Lupine Artenvergleich

2.1 Anbautechnik Der Anbau von Körnerleguminosen ist anspruchsvoller als beispielsweise der Getreide- anbau. Die Schlagauswahl trägt wesentlich zum Erfolg oder Misserfolg im Anbau der Weißen Lupine bei. Standort Die Weiße Lupine ist für den Anbau auf fast allen Standorten geeignet. Sie stellt aber höhere Ansprüche als die Blaue oder Gelbe Lupine. Sehr leichte Sandböden mit Acker- zahlen unter 25 in trockenen Regionen mit niedrigem Ertragspotenzial und Höhen- lagen über 500 m (späte Ernte ab Oktober) sind nicht zu empfehlen. Aufgrund ihrer ausgeprägten Pfahlwurzel, über die sie sich auch Wasser aus tieferen Bodenschichten erschließen kann, verfügt die Weiße Lupine über eine sehr gute Trockentoleranz und Ertragsstabilität. Auf extrem flachgründigen Böden kann sie diesen Vorteil in Trocken- jahren jedoch nicht ausspielen. Auf tiefgründigen guten Böden sind Erträge von 40 bis zu 60 dt/ha möglich. Auf Staunässe reagiert die Lupine empfindlich, diese fördert den Befall mit Auflauf- und Fußkrankheiten. Bei der Standortauswahl sollten Schläge in Waldnähe gemieden werden. Die Weiße Lupine ist sehr schmackhaft für Wild, so dass es zu teilweise massiven Schäden durch Wildverbiss kommen kann. Auch Tauben können, vor allem in Stadtnähe, die Bestände ab dem Auflaufen radikal schädigen. Sobald der Reihenschluss erfolgt ist, haben die Tauben kaum noch Platz zum Landen, so dass sie dann von der Lupine ablassen. Die Weiße Lupine duldet Spätfröste bis -7 °C, kann also auch in spätfrostgefährdeten Lagen angebaut werden. Während die Blauen und Gelben Lupinen saure Böden bevor- zugen, verträgt die Weiße Lupine auch pH-Werte bis mind. 7,3. Die Obergrenze liegt hier nicht, wie oft beschrieben bei 6,8. Ein pH-Wert von 5,5 sollte nicht unterschritten werden. In der Literatur wird meist nur der pH-Wert als kritische Größe genannt, da Böden mit höherem Kalkgehalt in der Regel auch höhere pH-Werte haben. Dabei ist der freie Kalk- gehalt, also der Gehalt an Kalziumcarbonat (CaCO3) entscheidend. Dieser hindert die Lupinen daran, die Menge an Eisen aus dem Boden aufzunehmen, die die Knöllchen für die Stickstofffixierung benötigen. Die Folge ist ein Stickstoffmangel für die Pflanzen, der sich an gelblichen Blättern und kümmerlichem Wachstum zeigt (Kalkchlorose). Zur Über prüfung des Kalkgehaltes im Boden eignet sich der Salzsäuretest mit zehn- prozentiger Salzsäure (zur Anwendung siehe S.15). Bei Gehalten < 3 % ist ein Anbau möglich, zwischen 3 – 10 % wird ein Tastversuch empfohlen. 14 | DSV Weiße Lupine Anbautechnik

Überprüfung von Ackerböden auf Leguminosenmüdigkeit mittels Differenzialdiagnose Vor dem Anbau der Weißen Lupine wird eine repräsentative Bodenprobe des Schlages in zwei Portionen geteilt, wovon eine unbehandelt und die andere nach Hitzebehandlung mit Weißer Lupine besät wird. Wenn die Pflanzen im vorher erhitzten Boden deutlich besser wachsen als im unbehandelten Boden, sind biologische Bodenmüdigkeits symptome, wie Fußkrankheiten im Feld zu erwarten. Mit der Testdurchführung soll drei Monate vor Feldbestellung begonnen werden. Folgendes Material wird benötigt: • 10 Liter feuchter Boden (repräsentative, gesiebte (10 mm) Probe des Schlages) • 4 feuerfeste Schalen (1 Liter) mit Alufolie zum Abdecken • 8 Töpfe (1 Liter) mit Untersetzern • 40 gesunde Samen der Weißen Lupine • 1 Waage (auf 0,1 g genau) Auswertung: Nach ca. sechs Wochen wird die Auswertung des Tests durchgeführt. Falls die Pflanzen der Kontrollvariante deutliche Krankheitssymptome zeigen, kann die Auswertung auch früher erfolgen. Die Erhebung kann visuell stattfinden, aber auch ausgewogen werden. Dazu werden die Sprosse zwei Zentimeter über der Erde abgeschnitten und das Frisch- gewicht pro Topf ermittelt. Gewicht der Pflanzen im unbehandelten Boden > 80 % des Gewichtes der Pflanzen im hitzebehandelten Boden: Kaum biologisch bedingte Bodenmüdigkeit zu befürchten. Gewicht der Pflanzen im unbehandelten Boden zwischen 20 und 80 % des Gewichtes der Pflanzen im hitzebehandelten Boden: Bei schlechten Wetterbedingungen (feucht und kühl) ist biologisch bedingte Bodenmüdigkeit zu befürchten. Je kleiner diese Zahl, desto größer ist die Gefahr bei schlechten Witterungsbedingungen. Je größer sie ist, desto größer ist die Chance, bei guten Witterungsbedingungen eine leistungsfähige Kultur zu erhalten. Gewicht der Pflanzen im unbehandelten Boden < 20 % des Gewichtes der Pflanzen im hitzebehandelten Boden: Unabhängig von den Wetterbedingungen ist mit starken Bodenmüdigkeitssymptomen zu rechnen. 16 | DSV Weiße Lupine Differenzialdiagnose

Düngung Eine Stickstoffdüngung ist bei der Weißen Lupine nicht erforderlich, da sie mit Hilfe von Knöllchenbakterien (Rhizobien) Luftstickstoff binden kann. Um für die Knöllchen- bakterien optimale Bedingungen zu schaffen, sollte eine ausreichende Versorgung mit allen wichtigen Nährstoffen sicher gestellt werden. Ein hoher Stickstoffgehalt hemmt die Ansiedlung der Rhizobien an der Lupinenwurzel. Phosphor ist ein wichtiger Nähr- stoff für die Pflanze, da dieser an der Energieversorgung der Rhizobien maßgeblich beteiligt ist. Der Phosphorgehalt ist dort dreimal höher als in der Wurzel oder im Spross. Eine Düngung ist nur bei Versorgungsstufe A oder B mit 10 bis 15 kg/ha erforderlich. Kalium ist wichtig für die Steuerung des Wasserhaushaltes der Pflanze und fördert die Trockentoleranz. Kalimangel führt zu einer geringeren Ansiedlungsrate der Rhizobien. Es sollten etwa 40 bis 80 kg/ha gedüngt werden, insbesondere auf leichten Standorten. Magnesium ist zentraler Bestandteil von Chlorophyll und an der Proteinsynthese und am Stärketransport beteiligt. Der Ionen-Antagonismus sollte beachtet werden, da eine zu hohe Kationenkonzentration in der Bodenlösung (H+, Ca2+, K+, NH4 +) die Aufnahme von MgO hemmt. Außerdem ist Magnesium bei Trockenheit schlecht verfügbar. Eine Düngung von 10 bis 20 kg/ha wird empfohlen. Schwefel sollte besonders viel Aufmerksamkeit zukommen. Dieser ist an vielen Prozessen in der Pflanze beteiligt, vor allem an der Symbiose zwischen Wirtspflanze und Rhizobien. Bei Schwefelmangel leidet die N-Fixierungsleistung. Der Bedarf wird optimal abgesichert über die Düngung von Kaliumsulfat oder Kieserit, alternativ kann Elementarschwefel auf die Stoppel der Vorfrucht ausgebracht werden. Bittersalz zu applizieren reicht bei niedrigem Schwefelgehalt im Boden nicht aus, um den Bedarf zu decken. Bor ist ein wichtiger Mikronährstoff, der maßgeblich an der Entwicklung der Knöllchen- bakterien beteiligt ist. Der Bedarf liegt hier bei etwa 150 g/ha. Bei Trockenheit ist Bor schlecht verfügbar. Kurz vor Reihenschluss gehört eine Bor-Gabe zum Standard. Bei hohen Erträgen und/oder Trockenheit sollte zusätzlich in BBCH 39 bis 51 Bor nachgelegt werden. Bor ist in der Pflanze neben Calcium und Kalium für den Aufbau der Zellwände und für die Zellteilung notwendig. Daneben ist der Mikronährstoff für verschiedene Stoff- wechselprozesse (z. B. Kohlenhydratstoffwechsel, Eiweißhaushalt, Hormonstoffwechsel) und die Zuckerbildung sowie insbesondere für die Ausbildung wachsender grüner Zellen von Bedeutung. Neben der Strukturbildung und Stabilität der Zellwand unterstützt Bor insbesondere die Ausbildung der Pollenschläuche während der Blüte, sodass es bei Bor-Mangel häufig zu einer gehemmten generativen Entwicklung kommt, die Ernte- verluste zur Folge haben kann. 18 | DSV Weiße Lupine Anbautechnik

Auflaufkrankheiten benötigen eher höhere Bodentemperaturen. Eine ausreichend warme Witterung gewährleistet einen zügigen Auflauf, eine gute Jugendentwicklung und einen frühen Bestandesschluss. Die Gefahr einer Verunkrautung wird dadurch reduziert. Die Aussaat sollte möglichst so gewählt werden, dass genug Bodenfeuchte für eine gute Wirkung der Vorauflaufherbizide gegeben ist. Die Lupine ist spätsaat- verträglicher als beispielsweise Ackerbohnen. Eine Saattiefe von 3 bis 4 cm sollte unbedingt angestrebt werden. Auf eine zu tiefe Ablage reagiert die Weiße Lupine aufgrund der epigäischen Keimung sehr empfindlich. Dies kann zu Ertragseinbußen führen. Die optimale Saatstärke liegt zwischen 50 und 60 keimfähigen Körnern/m². Höhere Saatstärken erhöhen das Lagerrisiko und bringen keine wirtschaftlichen Mehrerträge. Ausnahme: Auf ertragsschwächeren Standorten in Trockengebieten (geringere Ver- zweigung) oder sehr schweren Böden (schlechter Feldaufgang) oder beim Einsatz des Striegels kann ein Saatgutzuschlag von 10 % sinnvoll sein. Somit liegt die Aussaat- stärke je nach TKM und Keimfähigkeit meist bei 180 bis 260 kg/ha. Aufgrund der hohen Tausendkornmasse von 350 bis 430 g sind pneumatische Sämaschinen am besten geeignet. Bei mechanischen Geräten sollte überprüft werden, ob eine verstopfungs- freie Aussaat möglich ist. Der Reihenabstand kann wie bei Getreide gewählt werden. Die Pflanzen haben dann eine gute Standraumverteilung und gute Unkrautunter- drückung nach Reihenschluss. Im ökologischen Landbau sind, bei Einsatz der Hacke, weitere Reihenabstände zu empfehlen. Es sollten aber nicht mehr als 35 cm sein, damit die Lupine noch die Reihen schließen kann. Saatgut Zur Aussaat darf nur zertifiziertes Saatgut verwendet werden. Die wichtigste Lupinenkrankheit, die Anthraknose (Colletotrichum lupini), wird vorwiegend über das Saatgut übertragen. Im Rahmen der Saatgutanerkennung wird Z-Saatgut auf Befall mit Anthraknose geprüft. Die Verwendung von geprüftem Z-Saatgut ist also die wichtigste vorbeugende Maßnahme, um einen Befall mit Anthraknose zu verhindern. Die Verwendung von Nachbausaatgut ist zudem gesetzlich verboten. Impfung mit Rhizobien Auf Flächen, auf denen länger als 8 bis 10 Jahre keine Lupine oder Serradella angebaut wurden, sollte das Saatgut unmittelbar vor der Aussaat gleichmäßig mit einem Rhizobienpräparat für Lupinen geimpft werden, um eine gute Etablierung der Knöllchen- 20 | DSV Weiße Lupine Anbautechnik

Mechanische Unkrautbekämpfung Die mechanische Unkrautregulierung kann mit dem Striegel oder der Hacke erfolgen. Nach der Aussaat bis kurz vor dem Auflaufen sollte zwei- bis dreimal „blind“ gestriegelt werden. Danach so häufig wie nötig und möglich, wenn die Unkräuter sich im Faden- bis Keimblattstadium befinden. Zwischen dem Auflaufen und dem 2- bis 4-Blattstadium der Lupine sollte mit dem Striegeln ausgesetzt werden, da die Pflanzen in diesem Stadium sehr leicht brechen und somit hohe Verluste verursacht werden können. Ein schüttfähiger Boden ist wichtig, genauso wie die langsame Fahrgeschwindigkeit von etwa 2 km/h. Die Pflanzen sind zum Abend hin elastischer und brechen nicht so schnell. Moderne Striegel mit Einzelaufhängung der Zinken verursachen geringere Schäden. Der Einsatz der Maschinenhacke ist gut möglich und hinsichtlich der Unkrautbe- kämpfung sicherlich effektiver als das Striegeln, bietet sich also bei stärkerem Unkraut- druck an. Durch die bessere Durchlüftung der Bestände wird auch das Befallsrisiko für Anthraknose verringert. Ernte Der Erntetermin der Weißen Lupine liegt meist im Bereich Mitte August bis erste Septemberwoche. Somit rund zwei bis drei Wochen später als bei Ackerbohnen und bis vier Wochen früher als bei Soja. Die Sorten CELINA und FRIEDA sind im Vergleich zu den meisten anderen Sorten sehr frühreif. Gibt es aber im Juli/August noch viele Nieder- schläge, kann sich die Ernte deutlich verspäten, da je nach Witterung dann nochmals Seitentriebe gebildet werden. Die Weiße Lupine ist sehr einfach und zügig beerntbar. Die Bestände haben meist eine Wuchshöhe von 60 bis 80 cm, in feuchten Jahren und auf guten Standorten sind auch Wuchshöhen über 1 m möglich. Die Hülsen stehen aufrecht und der unterste Hülsenkranz wird meist auf etwa 15 bis 20 cm über der Bodenoberfläche ausgebildet. Anders als bei der Sojabohne, wo es bei der Ernte ohne Flex-Schneidwerk aufgrund der tief hängenden untersten Hülsen zu deutlichen Ernteverlusten kommen kann, sind bei der Weißen Lupine die Ernte- verluste gering. Dies liegt auch daran, dass die Hülsen sehr platzfest sind, anders als zum Beispiel bei der Blauen Lupine. Auch bei Lager ist der Drusch noch gut möglich, und die Abreife findet weitestgehend homogen statt. Wenn Lager vor der Hülsenbildung eintritt, richten sich die Pflanzen in der Regel wieder auf. Nach der Hülsenbildung tun sie das meist nicht, da sie zu schwer sind. 22 | DSV Weiße Lupine Anbautechnik

2.2 Schaderreger Pilzlich Lupinenwelke Fusarium spp. / Fusarium oxysporum Der Fusarium-Pilz ist ein Erreger von Fuß- und Welkekrankheiten mit großem Wirts- pflanzenspektrum und hohem Wärmebedürfnis. Er benötigt Bodentemperaturen über 15 °C. Das Entwicklungsoptimum ist zwischen 25 und 30 °C erreicht. Die Verbreitung erfolgt durch Sporen im Bodenwasser, über den Wind oder infizierte Pflanzenreste. Als Eintrittspforten in die Pflanze werden Wurzelspitzen oder Verletzungen genutzt. Erste Befallssymptome werden zumeist während der Blüte sichtbar, die Pflanze zeigt dann Welkeerscheinungen und charakteristische braune Verfärbungen der Gefäße. Dabei bleibt die Wurzel intakt. Beim Schnitt durch den Stängel lassen sich braune Ver färbungen der Gefäße erkennen. Auf den toten Stängelteilen werden die rosa-lachsfarbenen Sporenlager ausgebildet. Später sind diese Verfärbungen auch äußerlich sichtbar. Anbaupausen sind ein wichtiges Instrument, um das Sporenpotenzial im Boden zu verringern. Auch die frühzeitige Bekämpfung von Blattrand käfern ist eine mögliche Maßnahme, da die Larven bei ihrer Fraßtätigkeit schon im Mai Eintrittspforten für bodenbürtige Krankheitserreger schaffen. Pythium spp. – Pilzliche Weichfäule Pythium ultimum / Pythium irregulare Pythium spp. ist ein bodenbürtiger Erreger, der bei Lupinen auftritt und vorwiegend junge Keimpflanzen befällt. Der Pilz kommt vor allem auf verdichteten Böden und bei kalten und feuchten Bedingungen vor. Die Verbreitung erfolgt über Bodenwas- ser, kontaminiertes Pflanzenmaterial oder Insekten. Der Befall findet vorrangig im Keim- und Jungpflanzenstadium, von den Wurzelspitzen bis zum Wurzelhals, statt. Befallene Pflanzen knicken durch weiche und eingeschnürte Stängelbereiche ein, erdnahe und unterirdische Pflanzenteile sind verbräunt und teilweise verkümmert, eingeschrumpft oder morsch. Bei späterer Infektion zeigt sich dies durch weniger kräftige Pflanzen, die vergilben oder vertrocknen. Angemessene Anbaupausen und gesundes Saatgut reduzieren das Risiko eines Befalls. 24 | DSV Weiße Lupine Schaderreger

Schwarze Wurzelfäule Thielaviopsis basicola Schwarze Wurzelfäule wird durch einen Pilz verursacht, der einen sehr breiten Wirts- pflanzenkreis befällt. Betroffen sind unter anderem Leguminosen wie beispielsweise Klee, Lupinen, Luzerne, Erbsen und Bohnen, aber auch Tabak, Möhren, Salat und Gurke. Lupinen werden von Dauersporen infiziert, die im Boden überwintern, im Früh- jahr auskeimen und aktiv in das Wurzelsystem der Pflanze eindringen. Erste Symptome sind strichförmige Läsionen an der jungen Wurzel, die zu unspezifischen Nekrosen führen. Die Wurzeln schrumpfen und verkümmern, an den Fiederblättern zeigen sich Nährstoffmangelsymptome, die sich nicht genau zuordnen lassen. An älteren Pflanzen zerfällt die Hauptwurzel beim Herausziehen und stark infizierte Pflanzen sterben ab. Ernterückstände spielen für die Überdauerung eine untergeordnete Rolle, denn die Dauersporen können im Boden längere Zeit überstehen. Zur Vermehrung muss der Pilz lebende Wirtspflanzen neu infizieren. Der Pilz bevorzugt neutrale und alkalische Böden, ebenso wirken eine hohe Boden- feuchte und ein hoher Anteil an Wirtspflanzen in der Fruchtfolge befallsfördernd. Die Übertragung auf andere Flächen erfolgt durch Bodenpartikel oder an Insekten anhaftende Sporen. Ein früher Befall ist nur über mikroskopische Verfahren zu erkennen. Die späteren Befallssymptome können mit Nährstoffmangel verwechselt werden. Die frühen, charakteristischen Läsionen („Strichelsymptom“) und die Dauer- sporen an der Wurzel und den Keimblättern sind nur mit einer Lupe zu erkennen. Anbaupausen können das Sporenpotenzial im Boden verringern. Eine weitere Maß- nahme ist die Reinigung von Arbeitsgeräten nach dem Einsatz auf befallenen Schlägen, um eine Verschleppung auf unbelastete Flächen zu vermeiden. 26 | DSV Weiße Lupine Schaderreger

Rhizoctonia Rhizoctonia solani Der Pilz überdauert im Boden durch Dauerkörper (Sklerotien) an Wurzeln und Pflanzenresten. Rhizoctonia hat einen großen Wirtspflanzenkreis, darunter Mais, Kartoffel, Zuckerrübe, Ackerbohne und Sojabohne. Die Schäden entstehen durch das Absterben der Keimlinge und Jungpflanzen. Befallsfördernd wirken mechanische Verletzungen der Pflanze, Bodenschadverdichtungen, Primärinfektionen mit anderen Krankheitserregern sowie eine kühle und feuchte Witterung. Der Pilz ist aber auch in der Lage, unversehrte Pflanzen zu infizieren. Erste Infektionen der Keimlinge zeigen sich durch großflächige Fehlstellen beim Auflaufen. Spätere Infektionen führen zu umkippenden Keimlingspflanzen. Typisch sind ovale, dunkelbraune Nekrosen an der Stängelbasis. Auch eine Aufhellung der Blätter ist möglich, da der Pilz die Leitbündel schädigt und es zu Nährstoffmangelerscheinungen kommt. Die Verwendung von gesundem, e-behandeltem Z-Saatgut trägt vor allem in den ersten Wochen nach der Aussaat zu einem gesunden Bestand bei. Eine gut terminierte Aussaat, optimale Saatbettbereitung und eine gute Bodenstruktur beschleunigen die Jugendentwicklung. Bei der mechanischen Unkrautbekämpfung sollte sorgfältig gearbeitet werden, um Schäden an den Pflanzen und damit Eintrittspforten für bodenbürtige Krankheits- erreger soweit wie möglich zu vermeiden. 28 | DSV Weiße Lupine Schaderreger

Schaderreger Tierisch Gemeiner oder Großer Lupinenblattrandkäfer Sitona spp. Der Lupinenblattrandkäfer ist der wichtigste tierische Schädling der Lupinen und kann bis zu 40 % Ertrags- ausfall verursachen. Die Käfer ernähren sich von den Blättern der Pflanzen. Sie wandern mit dem Auflaufen, etwa im März und April, in die Bestände ein. Der halbkreisförmige Blattfraß beginnt vom Blattrand und ist vor allem bei Pflanzen im Jugendstadium von Bedeutung. Bei einem sehr starken Befall können die Blätter bis auf den Stängel abgefressen werden. Grundsätzlich ist der Blattfraß der Käfer aber zu ver- nachlässigen. Die Lupinen werden vielmehr durch den Fraß der Larven an den Knöllchen massiv geschädigt, bei denen Knöllchenverluste bis zu 40 % entstehen können. Die Ertragsverluste können 10 bis 40 % betragen. Die Eiablage beginnt im frühen Stadium der Pflanzen. Die Weibchen legen bis zu 1.000 Eier über einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. Die Larven schlüpfen nach etwa drei Wochen und fressen an den Wurzelknöllchen, wobei sie die Knöllchen vollständig aushöhlen. Durch den Fraß wird das Fixieren von Luftstickstoff beeinträchtigt und die Pflanze im Wachstum gehemmt. Dadurch steht auch der Folgefrucht weniger Stickstoff zur Verfügung. * Der Lupinenblattrandkäfer tritt bevorzugt auf leichten Böden auf. Eine Bekämpfung der Käfer ist nur vor der Eiablage möglich, also zwischen dem Keimblattstadium und dem 6-Blattstadium. Eine gezielte Förderung von Fraßfeinden, wie Laufkäfern und Spinnen durch Anlage, Pflege und Erhalt von Saumstrukturen ist eine mögliche vorbeugende Maßnahme. * Quelle: Prof. Dr. Christine Struck, Universität Rostock 30 | DSV Weiße Lupine Schaderreger

3.1 Vorfruchtwert Die Integration von Körnerleguminosen in Fruchtfolgen verändert das Anbausystem in seinen Wechselbeziehungen und Leistungen. Die größte Bedeutung haben die N-Fixierung und die Bereitstellung verfügbaren Stickstoffs für die Folgekulturen. Es gibt aber noch zahlreiche andere Vorfruchtwirkungen und Fruchtfolgeeffekte: - Bindung von Luftstickstoff - Mobilisierung von Bodenphosphat - Erweiterung der Fruchtfolge - Lieferung von Humus - Verbesserung der Bodenstruktur - Zunahme des Bodenlebens - Verminderte Bodenbearbeitungsintensität - Verminderung von Krankheiten und Schädlingen - Zusätzliche Sommerung in der Fruchtfolge - Entzerrung von Arbeitsspitzen - Vorbeugung von Herbizidresistenzen - Möglichkeit zur Teilnahme an Agrarumweltmaßnahmen Die ökonomische Leistung von Körnerleguminosen beschränkt sich demnach also nicht nur auf die Folgefrucht, sondern hat auch Rückwirkungen auf die zweite Folge- frucht und letztlich die gesamte Fruchtfolge. Ein wesentlicher Punkt ist, dass die monetäre Vorfruchtwirkung nicht beim Deckungsbeitrag der Körnerleguminosen erscheint, sondern bei den Nach früchten. Monetäre Bewertung des Vorfruchtwertes Ökonomisch betrachtet entspricht der Vorfruchtwert einer Senkung der Direkt- und der Arbeitserledigungskosten sowie einer Erhöhung der Erträge der Folgefrüchte. Aufgrund von Ertragsschwankungen und der standort- und auch witterungsbedingten Unter- schiede des Einspareffektes der N-Düngung ist die monetäre Bewertung sehr komplex. Die folgenden Beispiele und Berechnungen beziehen sich jeweils auf den konventionellen Anbau von Körnerleguminosen. In ökologischen Bewirtschaftungssystemen würde der Vorfruchtwert höher ausfallen. Der Großteil des Vorfruchtwertes wird durch den Mehrerlös der Folgefrucht (Mehrertrag dt/ha x Marktpreis €/ha) erwirtschaftet. Unter der Annahme eines durchschnittlichen Erzeugerpreises von € 18 für Getreide müssten den Körnerlegu- minosen bei einem Mehrertrag der Folgefrucht (Weizen/Gerste) von angenommenen 7 dt/ha 126 €/ha angerechnet werden (siehe Tab. „Mehrerlös der Folgefrucht“, S. 33). Es wird deutlich, dass jede zusätzliche Dezitonne Ertrag der Folgefrucht, insbesondere bei sehr hohen Erzeugerpreisen für Getreide, den Vorfruchtwert der Leguminosen deutlich 32 | DSV Weiße Lupine Vorfruchtwert

3.2 Wertschöpfung Hartnäckig hält sich der Einwand, dass Landwirte mit Leguminosen nur eine geringe Wertschöpfung je Hektar erreichen können, selbst wenn der Vorfruchtwert in die Betrachtung der Wertschöpfung einbezogen wird. Tatsächlich hat der Praktiker unter bestimmten Voraussetzungen aber die Möglichkeit, durch den Anbau finanzielle Vorteile zu generieren: Zum einen eröffnet der Anbau von Leguminosen Fördermög- lichkeiten, z.B. durch die Beantragung von Agrarumweltmaßnahmen (AUKM). Und zum anderen hat die Weiße Lupine im Vergleich zu der Blauen und der Gelben Lupine ein weitaus höheres Ertragspotenzial. Bei der Einschätzung der Wirtschaftlichkeit der Körnerleguminosen ist jedoch klar, dass der Wert nicht allein am Ertrag gemessen werden kann. Die über den Ertrag hinaus gehenden Leistungen sind teilweise nicht messbar und monetär ausweisbar und werden unter dem Kapitel „Vorfruchtwert” zusammengefasst. Besonders in getreidereichen Fruchtfolgen werden durch die Unterbrechung von Krankheitsketten, die Strukturverbesserung des Bodens, die hohe Stickstofffixierung, die Bereitstellung von Stickstoff für die nachfolgenden Kulturen und durch weitere Wirkungen Mehrerlöse in den Folgefrüchten erzielt, die leider in vielen Wirtschaftlichkeitsberechnungen nicht den Körnerleguminosen zugeschrieben werden. Die Einbeziehung des Vorfruchtwertes in die Deckungsbeitragsberechnung der Körnerleguminosen ist aber für ihre Wirtschaftlichkeit wesentlich. Weitere Leistungen, wie die Ausweitung der biologischen Vielfalt oder die Förderung phytosanitär stabiler Fruchtfolgen, die zu einer nachhaltigeren landwirtschaftlichen Produktion beitragen, denen aber kein direkter Geldwert zugeordnet werden kann, fließen ebenfalls nicht in die Wirtschaftlichkeitsberechnung ein. Die Festlegung von Marktpreisen für Lupinen ist aktuell schwierig. Je nach Verwertung wird in der folgenden Kalkulation mit einem Substitutionswert der Lupinen aus dem langjährigen durchschnittlichen Weizenpreis und dem langjährigen durchschnittlichen Sojapreis gerechnet. Aufgrund des guten Vorfruchtwertes wird ein Mehrertrag der Folgefrucht nach Lupinen von bis zu 10 dt/ha angenommen. Somit fließt der Erzeuger- preis für Weizen bzw. Soja mit in die Kalkulation ein. Im Mittel der Jahre 2010 bis 2019 lagen die Preise für Weizen bei 18,05 €/dt und für Sojaextraktionsschrot (SES) (44 %) bei 34,5 €/dt. Dem Aspekt der inner- oder zwischenbetrieblichen Verwertung sollte besonders Rechnung getragen werden. Bei einer Verfütterung der Körnerleguminosen, besonders in der Schweine-, aber auch in der Rinderfütterung, liegt der Futterwert der Leguminosen zum Teil deutlich über ihren aktuell am Markt erzielbaren Erzeuger- preisen. Der Futterwert wird hierbei auf der Grundlage von verdaulichem Eiweiß (nXP) bzw. dem Gehalt an umsetzbarer Energie (MJ ME) und praecaecal verdaulichem Lysin (pvc Lysin) und einer Preiskonstellation von Weizen und gv-Sojaschrot errechnet. Reine Futterwertvorteile von bis zu 10 €/dt zugunsten der Weißen Lupine sind hier – ohne 34 | DSV Weiße Lupine Wertschöpfung

3.3 Verwertungsmöglichkeiten und Absatzwege Humanernährung Die Weiße Lupine zählt zu den eiweißreichsten Kulturpflanzen. Nach historischen Auf- zeichnungen wurde die Hülsenfrucht in den Mittelmeerländern bereits vor 3000 Jahren angebaut und war als Nahrungsmittel bekannt und geschätzt. Derzeit wird die Weiße Lupine auch hierzulande zunehmend bedeutender in der Humanernährung, da sie als cholesterin-, gluten- und laktosefreies Nahrungsmittel viele Verwendungs möglichkeiten besitzt. So gibt es beispielsweise schon Kaffee, Milchersatzprodukte, Speiseeis und Mehl aus Lupinen in deutschen Supermärkten. Des Weiteren bildet sie die Basis für Fleischersatzprodukte, die bei veganer und vegetarischer Ernährung als Eiweißquellen von Bedeutung sind. In Form von Proteinisolat kann die Lupine als Emulsionsbildner in fett- oder ölhaltigen Lebensmitteln wie Suppen, Dressings, Mayonnaise, Backwaren, Brotaufstrichen und Wurstwaren eingesetzt werden. Der Verzehr von Nahrungsmitteln aus Weißer Lupine wirkt sich auf verschiedene Weisen positiv auf die menschliche Gesundheit aus. Die mehrfach ungesättigten Fettsäuren und die hohen Gehalte an Mineralstoffen (K, Ca, Mg, Fe), Carotinoiden, Vitamin A, B1 und E sind ernährungsphysiologisch betrachtet von Vorteil. Bei Menschen mit einer Rheumaerkrankung wirken sich die vergleichsweise sehr geringen Gehalte an harnsäure- bildenden Purinen positiv aus. Diese beugen auch Gicht und Nierenproblemen vor. Personen mit Diabetes profitieren vom niedrigen glykämischen Index (langsame Verfüg- barkeit der Kohlenhydrate), der eine Erhöhung des Blutzuckerspiegels verlangsamt. Darüber hinaus enthält die Weiße Lupine viele Ballaststoffe, die im Vergleich zu anderen Hülsenfrüchten besser verträglich sind, da sie weniger blähend wirken. Lupinen enthalten von Natur aus antinutritive Inhaltsstoffe, sogenannte Alkaloide, welche auch als gesundheitsbeeinträchtigende Bitterstoffe bekannt sind. Der sehr hohe Alkaloidgehalt von Bitterlupinen konnte durch die Züchtung von bitterstoff- armen Lupinen, sogenannten Süßlupinen, deutlich reduziert werden. Für die Human- ernährung wird oftmals ein Schwellenwert von 0,02 % der OS (200 mg/kg) genannt, wobei die Verarbeitung häufig mit einer Reduzierung der Alkaloidgehalte einhergeht und auch abweichende Schwellenwerte möglich sind. Bei höheren Alkaloidgehalten dürfen die Samen erst nach entsprechender Vorbehandlung (Entbitterung) als Lebens- mittel vermarket werden. 36 | DSV Weiße Lupine Absatzwege

Tierernährung In der Tierernährung ist die Weiße Lupine durch ihren hohen Eiweißgehalt und sehr gute Verdaulichkeit insbesondere für die Schweine- und Rinderfütterung, aber auch für die Geflügelfütterung interessant. Im Vergleich zu Ackerbohne und Futtererbse weist sie einen deutlich höheren Gehalt an Rohprotein und Rohfett auf. Sie kann ohne weitere Behandlung in geschroteter oder gequetschter Form als Futtermittel eingesetzt werden. Dies erleichtert wesentlich die inner- oder zwischenbetriebliche Verwertung. In der Tierernährung wird für den Alkaloidgehalt ein Schwellenwert von 0,05 % der OS (500 mg/kg) genannt. In Futtermischungen ist dies gut realisierbar, da sich eine 100%ige Lupinenfütterung im Rahmen einer ausbilanzierten Futterration ausschließt. Es ist wichtig, die empfohlenen Rationsanteile für die Weiße Lupine zu beachten und eine Inhaltsstoffanalyse inklusive Alkaloidgehaltsbestimmung durchzuführen, um den bestmöglichen und ausbilanzierten Einsatz in der Ration zu realisieren. Für die Fütterung ist besonders der hohe Rohproteingehalt von Bedeutung. Die Lupinen bieten außerdem den Vorteil der heimischen Erzeugung und müssen nicht getoastet werden, um das Verfüttern zu ermöglichen. In der folgenden Tabelle sind die wesentlichen Nährstoffgehalte der Weißen und Blauen Lupine zu Sojaextraktionsschrot aufgeführt. Inhaltsstoffe von Lupinen im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot Futtermittel Weiße Lupine Lupinus albus Blaue Lupine Lupinus angustifolius Sojaextraktions- schrot Rohasche g/kg TM Rohprotein g/kg TM Rohfett g/kg TM Rohfaser g/kg TM Stärke g/kg TM Zucker g/kg TM 40 37 57 373 333 510 88 57 15 130 163 67 74 101 69 73 55 108 Quellen: DLG: Kleiner Helfer, 10. Auflage 1999 Bei der Verfütterung an Schweine und Geflügel ist der relativ hohe Gehalt an Roh- faser zu beachten, der zu einem hohen Anteil aus Nicht-Stärke-Polysacchariden (NSP) besteht. Im Vergleich zu Erbsen und Ackerbohnen enthalten Lupinen nur relativ geringe Stärkemengen und verdrängen so das meist kostengünstigere Getreide nicht aus den Futterrationen. Ebenfalls senken die geringen Stärkemengen in der Rinder- fütterung das Risiko der Pansenübersäuerung (Pansenazidose). Die Zucker- und Rohfettgehalte sind im Vergleich zu Ackerbohne und Erbse etwas höher. Mono- gastrier wie Schweine und Geflügel sind auf eine ausreichende Zufuhr an essenziellen 38 | DSV Weiße Lupine Absatzwege

Schweine Auch für die Fütterung von Schweinen ist die Weiße Lupine gut geeignet, da sie reich an Lysin ist. Beim Vergleich der energetischen Futterwerte von Körnerleguminosen liegt die Weiße Lupine aufgrund ihres höheren Fett gehaltes deutlich vor Ackerbohnen und Futtererbsen. Aus diesem Grund ist sie allerdings nur eingeschränkt mit einem hohen Maisanteil kombinierbar. Ihr höherer Rohfasergehalt macht sie speziell für die Fütterung der tragenden Sauen interessant. Allerdings muss wie bei allen einheimischen Körnerleguminosen der geringe Gehalt an Methionin und Cystin durch freie Amino- säuren in der Ration mittels Mineralfutter ergänzt werden. Alternativ kann auch Raps- extraktionsschrot zum Ausgleich der geringen Methioningehalte eingesetzt werden. In der ökologischen Schweinehaltung sind dem Einsatz der Weißen Lupine engere Grenzen gesetzt, da nur wenige Lieferanten der essenziellen Aminosäuren Methionin und Cystin, zum Beispiel Sonnenblumenkuchen, zur Verfügung stehen. Die Einsatz- menge in Schweinerationen liegt zwischen 5 % bei Ferkeln und 20 % bei Mastschweinen und Sauen. Diesbezüglich besteht aber noch weiterer Forschungsbedarf, da es zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses noch keine Fütterungsversuche in Deutschland zur Weißen Lupine in der Schweinehaltung gab. Die angegebenen Werte in verschiedenen Quellen beruhen mehrheitlich auf Berechnungen und Versuchen mit der Blauen Lupine. Die folgenden Tabellen zeigen eine beispielhafte Ration für Mastschweine zwischen 65 und 90 kg, die stickstoff- und phosphorreduziert ist. Beispielration Mastschwein Mittelmast Futtermittel Anteil an TM (in %) Rationskennzahl Wert Gerste Weizen Sojaschrot Weiße Lupine Mineralfutter Total 40 38 11 8 3 100 ME-Schwein Rohprotein Rohfaser Lysin 13,05 MJ/kg TM 16,4 %/kg TM 4,27 %/kg TM 1,01 %/kg TM Methionin & Cystin 0,6 %/kg TM 40 | DSV Weiße Lupine Absatzwege

Thomas Haubold Betriebsleiter DSV Saatzucht station Leutewitz „ Die Weiße Lupine ist einfach in der Bestandesführung. Durch die kräftige und tiefreichende Pfahlwurzel ist die Wasseraufnahme bei Trockenheit sehr effizient. In den Trockenjahren 2018 und 2019 lag der Durchschnitts- ertrag auf unseren Flächen bei 44 dt/ha. Und trotz enormer Frühjahrs- trockenheit erreichten wir 2020 35 dt/ha.“ 42 | DSV Weiße Lupine Sorten

Anbautelegramm Weiße Lupine Standortansprüche • Für alle Klimaregionen in Deutschland geeignet • Höhere Standortansprüche (mind. 25 BP) als Blaue Lupine • Anbau bei pH-Werten bis 7,3 möglich • Felder mit geringem Unkrautpotenzial auswählen Aussaat • Bei Bodentemperaturen ab 6 °C • Je nach Region ab Mitte März bis Ende April • Wendende Bodenbearbeitung im Herbst oder Frühjahr bei ausreichend trockenen Bodenverhältnissen • Mulch- oder Direktsaat bei intakter Bodenstruktur Aussaattiefe • 3 bis 4 cm • Zu tiefe Saat ist stark ertragsmindernd (epigäische Keimung) Saatstärke • 50 bis 60 keimfähige Körner/m² bei Reihenabständen von 12 bis 35 cm Saatgutbehandlung • Impfung mit einem Rhizobienpräparat für Lupinen wird empfohlen Saatgut Ernte Verwertung • Nur zertifiziertes Saatgut verwenden: Der Nachbau ist gesetzlich verboten, damit kein mit Anthraknose infiziertes Nachbausaatgut ausgesät wird • Erntetermin: Meist Mitte August bis Mitte September • Bei einer Kornfeuchte von 13 bis 16 % ist die Lupine druschreif (Körner rascheln in den Hülsen) • Dreschkorb weit öffnen, möglichst niedrige Trommeldrehzahl • Tierfütterung: Um eine ausbilanzierte und bestmögliche Futter- ration zu ermöglichen, empfohlene Rationsanteile für Weiße Lupine beachten und Inhaltsstoffanalysen inkl. Alkaloidgehalts- bestimmung durchführen • Humanernährung: Vorherige Absprache mit dem Abnehmer über Anforderungen und Werte inkl. Analysen (Kontraktanbau) Mechanische Unkrautbekämpfung • Intensiv bis zum Bestandesschluss • Einsatz von Hacke und/oder Striegel • Vor dem Auflaufen 2 – 3 mal blind striegeln (Fadenblattstadium der Unkräuter) • Langsam fahren beim Striegeln (ca. 2 km/h) • Kein Striegeln ab dem Auflaufen bis zum ersten Laubblattpaar Chemischer Pflanzenschutz • Empfehlungen der öffentlichen und privaten Beratung erfragen • Zugelassene Herbizide gegen breitblättrige Unkräuter sind alle im Vorauflauf anzuwenden (Stand: März 2022) 44 | DSV Weiße Lupine Anbautelegramm

Deutsche Saatveredelung AG Weissenburger Straße 5 59557 Lippstadt Fon 02941 296 0 Fax 02941 296 100 info@dsv-saaten.de Ihre DSV Beratung vor Ort erreichen Sie telefonisch unter 0800 111 2960 (kostenfreie Servicenummer). 2 2 / 3 0 - 7 5 8 8 0